Kirchenführung durch St. Nikolaus
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Eingangsbereich
Die Glaskunst im Eingangsbereich des Künstlers Tobias Kammerer aus Rottweil greift Symbole aus dem Leben und den Legenden des Heiligen Nikolaus auf. Dabei laden die schon von außen sicht-baren Farben der Glasbilder die Vorübergehenden geradezu ein, das Portal zu öffnen, hineinzugehen, zu schauen und wirken zu lassen.
Der neu geschaffene Raum und die Stelen laden ein, zunächst einmal zu verweilen. Dabei informieren die Stelen und geben mit teilweise wöchentlich wechselnden Gedanken Impulse für unser Christ– und Menschsein mitten im Alltag.
Die liturgischen Orte im Chorraum und ihre Bedeutung
In wirkungsvollem Kontrast zum lichtdurchfluteten Kirchenschiff und dem Chorraum, der zu den ältesten Bauteilen der Kirche gehört, stehen die drei liturgischen Orte: Altar, Taufstein und Ambo. Sie wurden von Bildhauer Hubert Kaltenmark gestaltet. Markante Gemeinsamkeit dieser Werke ist die vom Künstler gewählte Verbindung aus blaugrauem Granit mit Metall. Das Metallelement wurde mit Bezug auf den Industriestandort Friedrichshafen bewusst gewählt und als kraftvolle Welle in den Stein eingearbeitet. Dadurch entsteht an allen drei Orten eine Spannung und zugleich eine Verbindung.
Eine Einheit bilden die drei Elemente auch dadurch, dass sie allesamt aus einem einzigen Granitblock gesägt wurden. Neben der Dynamik vermitteln sie so eine Ruhe, Klarheit und Ordnung, von der sich die Gläubigen ergreifen lassen können.
Altar
Der Altar bündelt die Kräfte, die im gesamten Kirchenraum wirken. Er wurde nicht nur auf dem Boden abgesetzt, sondern eingesenkt. Jesus Christus ist zum Grund- und Eckstein geworden (Eph 2,20) und lädt zum gemeinsamen Mahl ein. Hier ist der verlässliche Grund und der Ort, an dem es um Leben und Gnade geht. Jeder darf kommen, wie er ist, gleichgültig, ob er in seinem Leben viel geleistet hat oder ob manches misslungen ist. In der Eucharistie feiern Christen, wie Gott in seinem Sohn die Risse des Menschen und der Welt heilt. Der eigentlich Handelnde ist Christus selbst, der durch seinen Tod und seine Auferstehung den Himmel für alle geöffnet hat und jeden einlädt, dies zu feiern. Der Altar wird zugleich zum Grenzstein zwischen Himmel und Erde, zu einem Ort, der signalisiert: Hier kannst du zu deinen eigenen Grenzen stehen, du musst den Himmel nicht selbst schaffen, du kannst ihn dir schenken lassen. Die Reliquien, die vor dem Altar eingelassen wurden, stammen von den Märtyrern Lucens und Desideria, die ursprünglich in den Katakomben Roms bestattet worden waren. Der Reliquienbrief trägt das Siegel von Johannes Baptista Sproll (1870–1949), seit 1927 Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Ambo
Am Ambo wird Gottes Wort in die Welt hinein gesprochen und wirkt weiter in unserem Alltag. Mal nimmt uns Gottes Wort mit und trägt uns, mal provoziert es uns.
Die Welle weist über den Ambo hinaus und wird in jener im Altar und im Taufstein weitergeführt. Der getaufte Christ, der sich vom Wort Gottes bewegen lässt, feiert dies im Mahl der Eucharistie und gibt dieser Begeisterung auch in seinem Alltag Raum.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) hat den Ambo als den Tisch des Gotteswortes, neben dem Altar, dem Tisch des Sakramentes, wieder entdeckt und belebt. Es wurde neu betont, dass der Tisch des Wortes und der Tisch des Sakramentes eine innere Einheit bilden, denn Jesus schenkt sich sowohl in der Verkündigung des Wortes als auch im eucharistischen Mahl. Er will uns durch seine Gegenwart im Wort und im Sakrament dazu bewegen, aus seiner verkündeten und gelebten Liebe zu leben.
Der Tabernakel
von Fritz Möhler aus Schwäbisch Gmünd, symbolisiert die schon verwandelte Welt, das himmlische Jerusalem. Er steht auf einer Stele des Künstlers Hubert Kaltenmark, die in ihrer Ausgestaltung mit den anderen liturgischen Orten korrespondiert.
Während die Kirche im Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerstört wurde, hat dieser Tabernakel den Feuersturm von 1944 nahezu unversehrt überstanden. Seine Inschrift ermutigt und bleibt Verheißung: „Siehe ich mache alles neu“ (Offb 21.5).
Taufstein
Getauft mit dem Wasser, das Leben schenkt,
Wasser, das alles abwäscht, was von Gott trennt,
Wasser, das trägt, wenn kein Grund mehr zu spüren ist,
Wasser, das erfrischt, wenn Müdigkeit lähmt,
Wasser, das bewegt und in Gang setzt,
mit einer Kraft, die unsere übersteigt.
Bei der Taufe wird der Mensch in eine Bewegung hineingenommen, die als tragende und verwandelnde Dynamik erlebt werden kann, die Grenzen überschreitet und innige Verbundenheit ermöglicht. Die Welle auf dem Taufstein verweist nicht nur auf die Kraft des Taufwassers, sondern auf jene Bewegung, durch die Gott selbst Grenzen überwindet und sich auf uns Menschen zubewegt.
Raum der Stille
Abseits von Straßenlärm und Geschäftigkeit lädt der Raum der Stille ein, zur Ruhe zu kommen. Der Raum ist durch die von Roland Peter Litzenburger 1962 gestaltete Glaswand „Brennender Dornbusch“ in ein freundliches, warmes Licht getaucht. Künstlerisch setzt er die Geschichte um, die im Buch Exodus zu den wichtigsten der Bibel gehört: Mose begegnet Gott in der Wüste im brennenden Dornbusch und erfährt durch das Feuer hindurch seinen Namen, der sich als roter bzw. goldener Faden durch die Geschichte zieht: „Ich Bin Da“. Goldene Fäden in den roten Wänden verweisen kaum erkennbar auf dieses v
erborgene Dasein Gottes, durch das manche Wüstenzeit in eine Gnadenzeit verwandelt wird.
In der Mitte steht ein Schiff aus Gold, auf dem die Besucher mit verschiedenen Anliegen Kerzen entzünden. Dieses Schiff erinnert auch an die Legende des Heiligen Nikolaus, der mit einer Schiffsladung voller Kornsäcke die drohende Hungersnot der Menschen in Myra abwenden konnte.
Ich bin da
so die Antwort Gottes
aus dem brennenden Dornbusch in der Wüste
als Mose nach seinem Namen fragt
Ich bin der Ich-bin-da (Ex 3,14)
Gold, Orange, Rot Farben der Wüste
Farben des Feuers
Farben des Heiligen Geistes
Gott bekennt Farbe
in Wüstenzeiten
sein Name ermutigt
schenkt neue Kraft und Zuversicht
In der Mitte ein Schiff im Auf und Ab des Lebens
getragen von einer Kraft, spürbar da
Halt, Geborgenheit und Schutz
Ein Fisch in der Mitte
Geheimzeichen der ersten Christen
ICHTYS (griechisch)
Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser
Ich bin da
Das große Kreuz
über dem Altar war früher über dem Ölberg an der Außenseite der Kirche angebracht.
Der Konstanzer Bildhauer Christoph Daniel Schenk (+ 1691) schuf dieses Kreuz um 1690.
Die Chorfenster
Das Blau der Glaskunst im Eingangsbereich korrespondiert mit der überwältigenden Wirkung der drei großen Chorfenster im Altarraum. Der Entwurf stammt vom Ulmer Künstler Wilhelm Geyer (1900–1968), dessen Werke in Kirchen vom Bodensee bis zum Niederrhein zu finden sind.
Das intensive Blau erinnert nicht nur an die Blütezeit der gotischen Glasmalerei, es symbolisiertebenso eindrücklich den Einbruch des Himmels in unsere Welt am See.
Gott lässt sich nicht in seiner Ganzheit darstellen, aber der Glaube lässt uns seine Handschrift erkennen. Seine Hand weist im mittleren Fenster vom Himmel her auf seinen geliebten Sohn. Er ist der Handelnde in der Schöpfung und in der Geschichte und verwandelt in seinem Sohn die Geschichte der Menschheit in eine Heilsgeschichte. Durch den Heiligen Geist wirkt er in der Kirche und in den Menschen weiter, die seinen Auftrag erfüllen. Er will gesucht und gefunden werden und ist in den Fenstern rechts und links oben als Taube zu entdecken.
Der untere Teil des mittleren Fensters veranschaulicht die Berufung der Jünger, die von jetzt an Menschen fischen werden. Sie werden durch Stürme hindurch geführt, selbst wenn der Retter im Boot zu schlafen scheint. In der Szene darüber nimmt Petrus das Hirtenamt aus der Hand des Auferstandenen an.
Am linken und rechten Fenster hält der Künstler unten auf kleinstem Raum in zwei Szenen das Leben und Wirken des Schutzpatrons St. Nikolaus fest. Diese Ereignisse bringt der Künstler räumlich und inhaltlich in Zusammenhang mit den darüber dargestellten Szene aus dem Leben Jesu und Mariens.
Die Verwandlung des Lebens der Frau aus dem Volk beginnt im linken Fenster oben mit der Verkündigung des Engels und mündet in der darunter dargestellten Begegnung Mariens mit ihrer Base Elisabeth in das große Lob das Magnifikat: „Meine Seele preist die Größe des Herrn …“.
Im Zentrum des mittleren Felds erscheint Weihnachten,die Geburt Christi, darunter die drei Weisen, die ihre Gaben bringen. Bei Simeon schließlich begegnen sich drei Generationen. Im Tempel legt Maria das Kind auf den Arm des Alten, der Jesus als „Licht zur Erleuchtung der Heiden und Herrlichkeit für das Volk Israel“ lobpreisend verkündet.
Im rechten Fenster erinnern die Krüge unten über dem Nikolausbild an die Quelle und verwandelnde Kraft des Heilands nicht nur bei der Hochzeit zu Kana, sondern in allen irdischen Situationen, in denen Not nach Verwandlung ruft. Maria ist schon bei diesem ersten Wunder anwesend, und sie begleitet Jesus auf seinem Weg der Liebe bis zum Kreuz. Im darüber liegenden Fenster sehen wir wie sie inmitten der Jünger mit dem Geist Gottes beschenkt wird, um dessen Botschaft als Kirche auch nach seinem Tod weitertragen zu können. Ihr Weg auf Erden wird mit ihrer Aufnahme in den Himmel und ihrer Krönung vollendet. Damit ist sie bei ihrem Sohn und himmlischen Vater unsere Fürsprecherin und Mutter im Glauben geworden.
Madonna mit Kind
Zu den kostbaren Schätzen dieser Kirche zählt die spätgotische Madonna mit Kind, entstanden im 15. Jh. im Umkreisdes Kemptener Klosters.
Pfarrer Robert Mayer transportierte sie nach dem Wiederaufbau der Kirche 1949 eigenhändig mit einem Handwagen in die Kirche.
Nikolausstatue
Die Herkunft der barocken Nikolausstatue lässt sich nicht mehr ermitteln, sie stammt vermutlich aus der Sigmaringer Gegend und dürfte um 1720 entstanden sein. St. Nikolaus trägt in seiner rechten Hand das Evangelienbuch mit drei Goldklumpen darauf, die an seine Hilfe für drei arme Mädchen erinnern.
Die Herkunft der zwei Nikolaus-Reliefs, an der linken Wand des Kirchenschiffs, ist leider unbekannt. Sie dürften aus der zweiten Hälfte des 15 Jahrhunderts stammen, vielleicht aus dem Ulmer Raum.
Die fünfzehn Stationen
des Kreuzwegs hat Bildhauer H. Elsässer entworfen und in Bronze gegossen.
Die Glocken im Turm
Im spätgotischen Turm, der 1494 nach über fünfzigjähriger Bauzeit vollendet wurde, hängen fünf große und zum Teil über 400 Jahre alte Glocken. Sie laden mit ihrem Geläut zu Gottesdienst und Gebet ein und regen die Hörenden an, den Alltag kurz zu unterbrechen, um einen Menschen oder ein persönliches oder gemeinsames Anliegen Gott anzuvertrauen.
Die größte Glocke mit einem Durchmesser von 140 cm wiegt 1600 kg und hat folgende Inschrift: „Komm Heiliger Geist und erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe. Du hast alle Völker trotz der Verschiedenheit in den Sprachen zur Einheit im Glauben versammelt. Alleluja …“. Sie wurde 1774 von Johan Schmeltz in Biberach gegossen.
Die kleinste und älteste Glocke mit einem Durchmesser von 71 cm wiegt 190 kg. Sie trägt die Inschrift: „aus dem feier bin ich geflosen, leonhart ernst zu lindau hat mich gegosen. 1597“. Bei genauem Hinhören erkennt man die Tonfolge dis´- fis´- gis´- h´- dis´.