{"id":5171,"date":"2018-09-28T18:29:36","date_gmt":"2018-09-28T18:29:36","guid":{"rendered":"https:\/\/katholisch-friedrichshafen.comlounge.dev\/?p=5171"},"modified":"2018-09-28T18:32:22","modified_gmt":"2018-09-28T18:32:22","slug":"missbrauch-in-der-kirche-reue-sei-tat","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/katholisch-friedrichshafen.de\/missbrauch-in-der-kirche-reue-sei-tat\/","title":{"rendered":"Missbrauch in der Kirche: Reue sei Tat!"},"content":{"rendered":"
Zum Ende der Vollversammlung der Deutschen Bisch\u00f6fe in Fulda hat Kardinal Reinhard Marx erste Konsequenzen aus der Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche angek\u00fcndigt. Diese stellte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag in Fulda vor.Die Bisch\u00f6fe wollen externe, unabh\u00e4ngige Anlaufstellen f\u00fcr Betroffene sexuellen Missbrauchs schaffen, die zus\u00e4tzlich zu den di\u00f6zesanen Ansprechpartnern arbeiten. Sie wollen die Personalakten ihrer Kleriker k\u00fcnftig nach einem standardisierten System f\u00fchren. Au\u00dferdem wollen sie bei der k\u00fcnftigen Aufarbeitung die Betroffenen und externe Fachleute einbinden. Es soll ein \u00fcberdi\u00f6zesanes Monitoring f\u00fcr Intervention und Pr\u00e4vention eingerichtet werden und das Verfahren f\u00fcr Entsch\u00e4digungszahlungen „fortentwickelt“ werden. Au\u00dferdem will die Bischofskonferenz einen Gespr\u00e4chsprozess er\u00f6ffnen \u00fcber den Z\u00f6libat und „verschiedene Aspekte der katholischen Sexualmoral“. Schlie\u00dflich soll auch gekl\u00e4rt werden, wer \u00fcber die T\u00e4ter hinaus institutionell Verantwortung am Missbrauch getragen habe. Damit setzen die Bisch\u00f6fe einige der Empfehlungen um, die die Forscher der MHG-Studie ihnen mit auf den Weg gegeben haben. Alle „Selbstherrlichkeit von Amtstr\u00e4gern der Kirche“ m\u00fcsse \u00fcberwunden werden, hei\u00dft es in der Erkl\u00e4rung. Kardinal Marx erg\u00e4nzte, dass es in der weiteren Diskussion der Studie unter den Bisch\u00f6fen „kein Tabu“ geben werde. Sie wollten \u00fcber alle Empfehlungen der Wissenschaftler sprechen und die Opfer in den Mittelpunkt stellen. Macht in der Kirche m\u00fcsse kontrolliert und geteilt werden. „Das ist ein l\u00e4ngerfristiger Weg, aber wir wollen ihn gehen“, so Marx. Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der deutschen Bisch\u00f6fe sagte, es m\u00fcsse zwischen den Ergebnissen der Studie und der nun beginnenden Aufarbeitung unterschieden werden. „Das ist eine neue Etappe, in die wir nun hineinkommen“. Ackermann sagte, er fasse die Studie auch als Ermutigung auf. In der Zukunft wollten sich die Bisch\u00f6fe auch mit weiteren Empfehlungen der Forscher besch\u00e4ftigen, die weniger schnell umzusetzen seien. Zu den Empfehlungen geh\u00f6ren unter anderem eine Besch\u00e4ftigung mit der Aus- und Weiterbildung der Priester, mit der katholischen Sexualmoral und dem Beichtgeheimnis. Weiter sagte der Missbrauchsbeauftragte, das angedachte Monitoring zur Pr\u00e4ventionsarbeit k\u00f6nne auch als eine Art „Ranking“ der Bem\u00fchungen der Bist\u00fcmer zu diesem Thema verstanden werden. „Das war in der Vergangenheit zwar nicht so gew\u00fcnscht. Aber diese Zeit ist vorbei.“ In der Presseerkl\u00e4rung zum Abschluss der Vollversammlung hei\u00dft es, die ver\u00f6ffentlichte Erkl\u00e4rung solle die „Verantwortung der Bisch\u00f6fe f\u00fcr die Betroffenen“ ebenso zeigen „wie die n\u00e4chsten Handlungsschritte, die als erste Konsequenzen aus der Studie anstehen“. Die Studie habe offenbart, dass es sich beim Missbrauch nicht nur um das Fehlverhalten einzelner handele, sondern systemische Aspekte das Risiko sexuellen Missbrauchs in der Kirche verst\u00e4rkten und noch weiter verst\u00e4rken. Die Kirche m\u00fcsse die Hinwendung zu den Opfern noch klarer praktizieren. Bei der Zusammenarbeit mit externen Fachleuten, die k\u00fcnftig in die Aufarbeitung einbezogen werden sollen, k\u00f6nne es sich auch um eine Zusammenarbeit mit dem Staat handeln. Die Vollversammlung der deutschen Bisch\u00f6fe tagte seit Montag in Fulda. Im Zentrum stand die Vorstellung der von ihnen in Auftrag gegebenen Missbrauchsstudie der sogenannten MHG-Studie (Mannheim, Heidelberg, Gie\u00dfen). Nach den ausgewerteten gut 38.000 Akten gab es in den deutschen Di\u00f6zesen im Zeitraum von 1946 bis 2014 mindestens 3.677 Betroffene von sexuellen \u00dcbergriffen, davon 16% F\u00e4lle schweren Missbrauchs. Erstellt wurde die Studie von einem Forschungskonsortium unter Leitung des Mannheimer Psychiaters Harald Dre\u00dfing. Au\u00dferdem sind das Kriminologische Institut der Universit\u00e4t Heidelberg, das dortige Institut f\u00fcr Gerontologie sowie der Lehrstuhl f\u00fcr Kriminologie der Universit\u00e4t Gie\u00dfen beteiligt.<\/div>\n
Bilanz der Missbrauchsf\u00e4lle in der Di\u00f6zese Rottenburg-StuttgartGrundlage ist die Arbeit der Kommission sexueller Missbrauch in der Di\u00f6zese, die fast 2000 Personalakten durchgesehen hat und dabei 146 Vorw\u00fcrfe pr\u00fcfte. \u201eSeit einigen Wochen verfolge ich mit Ersch\u00fctterung die Verbrechen, die in Irland und Pennsylvania durch Kleriker an Minderj\u00e4hrigen ver\u00fcbt worden sind\u201c, sagte Bischof Dr. F\u00fcrst. Mit noch \u201egr\u00f6\u00dferer Betroffenheit\u201c habe er die Berichte \u00fcber die deutsche Missbrauchsstudie gelesen.<\/p>\n

\u201eNoch immer bin ich best\u00fcrzt \u00fcber die gro\u00dfe Anzahl der Taten und der T\u00e4ter, aber auch \u00fcber die Last der Schuld in unserer Kirche.\u201c Schon 2010, als viele Missbrauchsf\u00e4lle in kirchlichen Einrichtungen ans Licht kamen, hatte F\u00fcrst die Opfer um Verzeihung gebeten. Er wiederholte dies: Er wisse, dass er das geschehene Leid nicht wieder gut machen k\u00f6nne, aber \u201eich m\u00f6chte mich an dieser Stelle mit Scham bei den Opfern f\u00fcr das Leid entschuldigen, das ihnen durch unsere Kirche angetan worden ist\u201c.<\/p>\n

Im Untersuchungszeitraum von 1946 bis 2014 sind 72 der Di\u00f6zese Rottenburg-Stuttgart zugeordnete Kleriker bekannt, die des Missbrauchs an Minderj\u00e4hrigen beschuldigt werden. Von diesen 72 sind 45 bereits verstorben. Da vier Vorf\u00e4lle als nicht glaubw\u00fcrdig eingestuft worden sind, bleiben 23 F\u00e4lle im harten Kern. In elf F\u00e4llen waren die Vorw\u00fcrfe laut Untersuchungsergebnis so schwerwiegend, dass sie an die Kongregation f\u00fcr Glaubenslehre in Rom gemeldet worden sind, wie es seit 2001 Pflicht ist. In sieben F\u00e4llen war die Staatsanwaltschaft involviert, in zwei F\u00e4llen sind die Kleriker ihres Amtes enthoben worden, das hei\u00dft, mit einem weltweiten Berufsverbot belegt worden. F\u00fcrst lie\u00df durchblicken, dass es sich hierbei um Vorkommnisse in den 60er Jahren und 70er Jahren in Kinderheimen gehandelt habe, bei denen es auch mehr als f\u00fcnf Opfer gegeben habe. Schweren sexuellen Missbrauch im Sinne von Vergewaltigung habe es in der Di\u00f6zese nicht gegeben, hie\u00df es. \u201eIn neun F\u00e4llen habe ich Verweise ausgesprochen, die zum Teil mit einem deutlichen Gehaltsabzug f\u00fcr bis zu f\u00fcnf Jahren verbunden waren und sind\u201c, sagte F\u00fcrst. F\u00fcr alle T\u00e4ter oder Beschuldigte seien psychiatrische Gutachten angefordert worden, die Stellung nehmen zu Therapiem\u00f6glichkeiten und der Frage der Weiterbesch\u00e4ftigung, die allerdings nur in Frage k\u00e4me, wenn es sich um die \u201euntere Kategorie\u201c des Missbrauchs, die sogenannte sexuelle \u00dcbergriffigkeit gehandelt habe. Sabine Hesse, die Leiterin der Stabsstelle Pr\u00e4vention in der Di\u00f6zese, erl\u00e4uterte was damit gemeint sei: \u00dcbergriffigkeit k\u00f6nne beispielsweise sein, wenn eine Jugendgruppe zum Duschen gehe \u201eund die Begleitperson geht rein und guckt sich die an\u201c. Oder ein T\u00e4ter lade Jugendliche zu sich zum Feiern, und dabei komme es zu Ber\u00fchrungen im Schambereich oder an der Brust. Dies seien oft sexuelle Handlungen unter der Schwelle der Strafbarkeit \u2013 f\u00fcr kirchliche Mitarbeiter aber intolerabel und geahndet mit Verwarnung oder Verweisen sowie der M\u00f6glichkeit des Verbots des Umgangs mit Kindern und Jugendlichen.<\/p>\n

Wenn ein Beschuldigter oder T\u00e4ter versetzt worden sei, dann sei dies nur in F\u00e4llen der \u201eunteren Kategorien\u201c m\u00f6glich, so F\u00fcrst in keinem Fall bei schwerem sexuellen Missbrauch. Der Bischof wies darauf hin, dass seine Di\u00f6zese bereits 2002 als erste in Deutschland Regularien sowie eine Kommission gegen den sexuellen Missbrauch in Kraft gesetzt habe. Dieser Weg sei richtig gewesen, und man wolle ihn weitergehen. So soll eine Fortbildung zur Pr\u00e4vention von sexuellem Missbrauch f\u00fcr die 15\u2009000 Di\u00f6zesan-Besch\u00e4ftigten sowie Tausende von Ehrenamtliche eingef\u00fchrt werden. Das gesamte Programm wird bis 2023 laufen und rund 1,2\u2009Millionen Euro kosten.<\/p>\n<\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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